In der Weihnachtsbäckerei: Der erzgebirgische Stollen im Portrait

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In der Weihnachtsbäckerei: Der erzgebirgische Stollen im Portrait

Stollen

Die einen mögen ihn traditionell und mit möglichst dicker Butter-Zucker-Schicht, die anderen lieber extravagant mit Marzipan oder Mandeln: So oder so – der Stollen gehört zur erzgebirgischen Weihnachtskultur wie das Raachermannl und die Mettenschicht. Traditionell wird das brotförmige Gebäck am ersten Advent angeschnitten, mancherorts sogar erst zum ersten Weihnachtsfeiertag. Warum das so ist, wie der Stollen seinen Namen erhielt und was ein kleines Metallschild im Laib zu suchen hat, wissen unsere Spezialisten für erzgebirgische Weihnachtstraditionen.

Stollen

Der Weihnachtsstollen: Naschwerk für die Bergleute oder Sinnbild aus dem Christentum?

Warum der Stollen Stollen heißt und wie er sich seinen Platz auf der weihnachtlichen Kaffeetafel sichern konnte, dafür gibt es gleich mehr als nur eine mögliche Erklärung. Eine von ihnen bezieht sich auf den Bergbau und die Annahme, dass seine Form das Mundloch des tatsächlichen Stollens symbolisiert. Als gehaltvolle Nascherei für die Bergleute soll das Gebäck sich wegen seines saftigen Teigs, der nicht so schnell austrocknet oder verdirbt, besonders gut geeignet haben. Historisch belegt ist diese Theorie nicht – eine andere hingegen schon:

Im Jahr 1329 unterschrieb Heinrich I. von Grünberg die Urkunde zur Gründung der Naumburger Bäckerinnung – und erwähnte darin einige Pflichten, denen die Bäcker als Innungsmitglied nachzukommen haben. Eine dieser Pflichten war es, „an des heiligen Cristus Abende zwey lange weyssene Brothe, die man Stollen nennet“, zu backen. Im Althochdeutschen meint das Wort Stollen so viel wie Stütze oder Pfosten, was als Referenz auf die Form der Brote verstanden werden kann.

Die Rezeptur des Weihnachtsgebäcks hat sich seitdem natürlich stark verändert – seine pfostenartige Form ist aber die gleiche geblieben, weshalb der Stollen auch heute noch seinen Namen trägt.

Krippe aus Holz

Mit dem Christentum steht der Stollen in einer engen Verbindung – und reiht sich damit in andere religiös begründete und durch die reformatorische Bewegung gestärkte Backwaren wie den Niklaszopf, das Reformationsbrötchen, Martinshörnchen und Osterlamm ein. 

Der brotförmige Stollen mit seiner weißen  Zuckerschicht symbolisiert das in helle Tücher gewickelte Christkind. Ursprünglich durfte er tatsächlich erst am ersten Weihnachtsfeiertag zu Ehren der Geburt Jesu verzehrt werden – viele können der köstlichen Versuchung heute aber nicht mehr so lange widerstehen, weshalb die meisten Stollen bereits zum ersten Advent angeschnitten werden.

Butter, Zucker und Engelsgeduld: So entsteht ein echter Weihnachtsstollen

Die Grundlage jedes Stollens ist ein schwerer, süßer Hefefeinteig. Der Anteil der Grundzutaten variiert dabei von Rezept zu Rezept. Typisch für das Gebäck sind Einlagen wie Rosinen, Sultaninen und Korinthen. Hinzu kommen traditionell noch Zitronat und Orangeat, Mandeln und verschiedene Gewürze.

Stollenteig wird geknetet

Die Herstellung des Stollens ist recht aufwendig: Der Teig muss mehrmals gehen, das lange Kneten verlangt Muskelkraft und Geduld. Seine charakteristische Form erhält das Gebäck in der Regel nicht durch eine Form, sondern von Hand – deshalb sieht kein Stollen aus wie der andere.

Gebacken wird der Stollen bei mäßig starker, fallender Hitze. Bevor der Laib ganz erkaltet ist, wird er mit zerlassener Butter bestrichen, dick mit Zucker bestreut, nochmals gebuttert und abschließend mit Puderzucker verfeinert. Vor dem Anschneiden sollte er noch mindestens einen Tag ruhen.

Neben dem klassischen Butterstollen gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Sorten mit besonderen Zugaben – zum Beispiel Quarkstollen, Mandelstollen, Marzipanstollen, Mohnstollen und Nussstollen.

Als besonders edel gilt übrigens der international bekannte Dresdner Christstollen mit seinem hohen Anteil an Butter und Einlagen. Seit 2010 ist sein Name sogar geografisch geschützt – ein Dresdner Stollen kommt also immer auch aus dem Großraum Dresden. Ebenso verhält es sich mit dem Erzgebirgischen Weihnachtsstollen, der ausschließlich in der Region und nach altem Originalrezept hergestellt werden darf.

Was macht das Metallschild im Weihnachtsstollen?

Zum Bäcker gehen und einen Stollen kaufen – das ist heute eine Selbstverständlichkeit. Früher war es im Erzgebirge hingegen üblich, dass jede Familie ihren Stollenteig nach eigenem Rezept vorbereite und vom Bäcker backen ließ. Damit es in der Backstube nicht zu folgenschweren Verwechslungen kam, wurde der Laib durch ein kleines Metallschild mit Namensgravur markiert – eine Tradition, die bis nach der Wiedervereinigung noch vielerorts erhalten blieb.

Oh, es riecht gut: Das Erzgebirgshaus wünscht köstliche Weihnachten!

Weihnachtskugel am Tannenbaum

Mit diesem kleinen kulinarischen Einblick wünschen wir allen Freunden der erzgebirgischen Back- und Volkskunst einen gemütlichen vierten Advent und ein besinnliches Weihnachtsfest – am besten typisch erzgebirgisch mit hell erleuchteten Fenstern, saftigem Stollen und natürlich einem nebelnden Raachermannl.