Kunsthandwerk im Erzgebirge – Teil 1: Die Männelmacher und ihre Drechselkunst 

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Kunsthandwerk im Erzgebirge – Teil 1: Die Männelmacher und ihre Drechselkunst 

Drechseln eines Pilzes
Drechseln eines Pilzes

Schnitzen, Drechseln, Klöppeln – (Kunst-)Handwerk gehört zum Erzgebirge wie der Fichtelberg. Für unsere Pyramiden, Schwibbögen und Räuchermännchen sind wir auf der ganzen Welt bekannt. In den Schauwerkstätten zahlreicher Manufakturen kann man den Männelmachern sogar über die Schulter schauen und hautnah miterleben, wie aus einem Stück Holz ein filigranes Kunstwerk entsteht.

Das Kunsthandwerk im Erzgebirge blickt auf eine lange Tradition zurück und wird auch heute noch sorgsam gepflegt. Wir haben uns die bekanntesten Handwerkskünste genauer angesehen. Erster Halt war dabei natürlich die erzgebirgische Drechselkunst.

Drechseln – was ist das eigentlich?

Das Drechseln (auch Drehen genannt) ist ein zerspanendes Fertigungsverfahren zur Bearbeitung von Holz und anderen Werkstoffen (z. B. Bernstein und Acrylglas). Traditionell wird dabei eine Drehbank eingesetzt, auf der sich das Werkstück um die eigene Achse dreht, während mit einem Werkzeug seine Kontur bearbeitet wird.

Die Ursprünge des Drechselns gehen bis in die Antike zurück. Die anfangs sehr kleinen Werkstücke wuchsen mit der Zeit immer weiter. Im mittelalterlichen Indien wurden dann bereits ganze Säulen aus Speckstein gedreht.

Welche Werkzeuge braucht ein Drechsler?

Holzspäne

Auf den ersten Blick erinnern Drechslerwerkzeuge denen eines Schreiers. Bei genauerem Hinsehen werden aber einige Unterschiede sichtbar. So sind die Werkzeuge von deutlich höherer Festigkeit und mit einer Länge von 40 bis 50 cm in der Regel auch wesentlich größer.

Die essenziellen Werkzeuge, die beim Drechseln zum Einsatz kommen, sind:

  • Röhren (halbrund und mit flachem Außenschliff)
  • Abstechstähle und Flachmeißel (beidseitig geschliffen)
  • Ausdrehstähle und Schlichtstähle (steiler Schliff)

Darüber hinaus werden beim Drechseln einige Hilfs- und Messinstrumente benötigt, um sicherzustellen, dass die erzeugte Silhouette korrekt geformt ist. Mithilfe von Federinnentastern und Stechzirkeln wird z. B. überprüft, ob eine gedrechselte Kugel auch wirklich kugelförmig ist.

Was genau ist Reifendrehen?

Das Reifendrehen ist ein spezielles Drechselverfahren, das in der erzgebirgischen Spielzeugstadt Seiffen entwickelt wurde. Dabei handelt es sich um eine Methode zur Holzbearbeitung, durch die vor allem Tierfiguren gefertigt werden. Die sogenannten Reifentiere entstehen auf einer besonderen Holzdrehbank, auf der das Holzstück sich längs zur Faserrichtung dreht.

Reifentier Pferd

Ihren Ursprung findet die anspruchsvolle Technik im Niedergang des Zinnbergbaus um 1800. Um die vorhandene Wasserkraft weiterhin sinnvoll zu nutzen und eine schnelle, günstige Alternative zum verhältnismäßig unwirtschaftlichen Schnitzen zu schaffen, wurde dieses Verfahren zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelt. Schon bald war dadurch die Massenproduktion von Holzfiguren möglich.

Damals wie heute ist das Ergebnis des Reifendrehens ein Holzring mit einem Durchmesser von 30 bis 50 cm, dessen Querschnitt die Form der gewünschten Figur besitzt. Diese offenbart sich in typisch flacher Form beim anschließenden Abspalten einzelner Segmente aus dem Ring. Üblicherweise werden die Figuren im Anschluss noch bemalt oder mit Schnitzwerkzeugen weiterbearbeitet.

Die Technik des Reifendrehens verlangt nach Geschicklichkeit, Vorstellungskraft und viel Erfahrung – denn das finale Ergebnis seiner sieht der Drechsler erst beim Abspalten.

Werden Spanbäume ebenfalls gedrechselt?

Spanbäume in verschiedenen Größen

Eines der beeindruckendsten Erzeugnisse aus den Manufakturen des Erzgebirges ist das Spanbäumchen. Dabei handelt es sich um eine Figur aus Lindenholz mit filigranen Spanlocken.

Gedrechselt werden nur Rohkörper und Fuß des Spanbaums, die Locken entstehen einzeln in Handarbeit. Diesen zeitaufwendigen Prozess bezeichnet man als Spanbaumstechen – ein Handwerk, das nur wenige beherrschen.

Spanbäume gibt es in allen erdenklichen Größen – die kleinsten sind wenige Zentimeter, die größten bis zu einen Meter groß. Auch als dekoratives Element auf Schwibbögen und Pyramiden sind Sie häufig zu finden.

Noch mehr Kunsthandwerk: Schnitzen und Klöppeln im Erzgebirge

Natürlich gibt es im Erzgebirge nicht nur meisterhafte Drechsler:innen. Auch beim Schnitzen und Klöppeln entstehen beeindruckende Kunstwerke, die auf der ganzen Welt begehrt sind. Im zweiten Teil unserer Reihe erfahren Sie mehr über die hohe Kunst des Klöppelns.