Im Jahr 2019 war es endlich so weit: Die Bergbaulandschaft des Erzgebirges mit ihren vielen technischen Denkmälern wurde zum UNESCO-Welterbe erklärt. Die internationale Wertschätzung der Bergbaugeschichte ist für uns von besonderer Bedeutung, ist sie schließlich eng mit der Herausbildung erzgebirgischer Volkskunsttraditionen verwachsen.
Wer der starken Verbindung zwischen Bergbau und Kulturgut auf die Spur gehen will, für den haben wir die sechs geschichtsträchtigsten und schönsten Orte unserer Region zusammengestellt.
#1 Schwarzenberg, Perle des Erzgebirges
Wo Schwarzwasser und Mittweida zusammenfinden, liegt die traditionsreiche Stadt Schwarzenberg, die ihren Beinamen nicht grundlos trägt. Ihr malerisches Panorama ist geprägt von steilen Felshängen, die sich wie ein Gürtel um die historische Altstadt mit Schloss und barocker Kirche schließen – ein unvergleichlicher Anblick.
Die Bergbaulandschaft Rother Berg nahe des Schwarzwasser gehört zu den UNESCO-Stätten der Region. Ab dem 13. Jahrhundert wurde hier insbesondere Roteisenerz gefördert und zur Weiterverarbeitung in den Erlahammer gebracht. Im zugehörigen Herrenhof wird die Tradition der Eisenverarbeitung auch heute noch in Ehren gehalten.
Während der Adventszeit, wenn die Bergparade sich ihren Weg durch die Altstadt Schwarzenbergs bahnt und der Weihnachtsberg typisch erzgebirgische Szenen zeigt, verwandelt sich ganz Schwarzenberg in ein Bekenntnis zur Bergbautradition.
#2 Johanngeorgenstadt, Stadt des Schwibbogens
Unmittelbar an der deutsch-tschechischen Grenze ragt der Auersberg 1.018,2 m in die Höhe. Ihm zu Füßen liegt der Ort Johanngeorgenstadt. Mit dem Besucherbergweg Frisch Glück nennt die Stadt eine der ältesten Silbergruben des Erzgebirges ihr Eigen – und damit noch nicht genug. Auch die weltweit größte Weihnachtspyramide und der weltweit größte freistehende Schwibbogen mit dem traditionellen Bergmannsmotiv sind in Johanngeorgenstadt zu Hause. Letzterer besteht aus 700 Tonnen Stahlbeton und 15 Tonnen Edelstahl – ihren Beinamen hat sich die Stadt damit mehr als verdient.
#3 Seiffen, Wiege der Erzgebirgischen Volkskunst
Zinn, Arsenkies, Kupferkies und Roteisenerz wurden in zahlreichen Orten des Erzgebirges abgebaut – so auch im sächsischen Seiffen. Nachdem die Zinnausbeute gegen Ende des 17. Jahrhunderts zurückging und der Bergbau mehr und mehr zum Erliegen kam, schufen sich die Einwohner Seiffens mit der Herstellung von Holzspielzeug ein zweites Standbein. Heute, mehr als 300 Jahre später, genießen die Erzeugnisse aus Seiffen weltweite Anerkennung.
Nicht nur bei der Herstellung von Holzspielzeug darf man in den Schauwerkstätten der Stadt zusehen, auch Pyramiden, Räuchermännchen, Schwibbögen und aus Holzreifen gedrehte Tierfiguren werden hier in liebevoller Handarbeit gefertigt.
Ein besonderes Schmuckstück und Wahrzeichen der Stadt ist die zwischen 1776 und 1779 erbaute Seiffener Kirche. Mit ihrem achteckigen Grundriss und dem verspielten Turm gehört die barocke Kirche zu den beliebtesten Motiven in der erzgebirgischen Holzkunst.
#4 Das Erzgebirge im Blick auf dem Fichtelberg
Mit 914 m thront Oberwiesenthal als höchstgelegene Stadt Deutschlands über dem Erzgebirge. Noch 300 m weiter nach oben, auf dem Fichtelberg, bietet sich ein unvergesslicher Blick auf die Städte und Wälder der gesamten Region.
Bis in das 19. Jahrhundert dominierte in und um Oberwiesenthal der Bergbau. Heute kennt man die Stadt vor allem wegen ihres vielseitigen Wintersport-Angebots. Im größten alpinen Skigebiet Sachsens dürfen sich Ski- und Snowboard-Fans auf zahlreiche Pisten und tolle Veranstaltungen (z. B. den Nachtskilauf) freuen.
#5 Annaberg-Buchholz und der Frohnauer Hammer
Die Stadt Annaberg-Buchholz kennt man nicht nur als Wohnsitz des Rechenmeisters Adam Ries, sondern auch als historisches Zentrum des Silberbergbaus. Bedeutendster Zeuge der Marienberger Bergbautradition ist der sogenannte Frohnauer Hammer, eines der wenigen funktionsfähig erhaltenen Hammerwerke des Erzgebirges.
Als technisches Denkmal und UNESCO-Stätte liefert die Hammerschmiede einen detaillierten Einblick in die Geschichte des Bergbaus. Ihren Weg von Silber- über Kupfer- hin zum Eisenhammer kann man im zugehörigen Museumskomplex nachverfolgen. Bis heute haben mehr als 8 Millionen Menschen die originalgetreue Hammerwerkstechnik aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts besucht.
#6 Marienberg, Bergbautradition in Perfektion
Am 17. Juli 1519 fand Clemens Schiffel im Tal des Schlettenbachs das erste Silber. Von da an war die bergbauliche Erschließung Marienbergs nicht mehr aufzuhalten. Zahllose Bergleute strömten in die Stadt, die zu diesem Zeitpunkt noch gar keine war, denn erst im Jahr 1523 erhielt Marienberg als Folge des regen Zuzugs sein Berg- und Stadtrecht.
Ihren Höhepunkt erreichte die Silberförderung um 1540. Insgesamt gab es zu diesem Zeitpunkt in der unmittelbaren Umgebung 559 Gruben.
Besondere Bedeutung in der Bergbaugeschichte kommt dem im Ortsteil Lauta gelegenen Rudolphschacht zu. Die UNESCO-Stätte zeigt eine beeindruckende Anlage aus längst vergessenen Tagen: den Pferdegöpel. In Zeiten ohne Dampfmaschine und Motor diente diese gigantische Holzkonstruktion unter anderem als Antrieb für die Beförderung von Materialien aus dem Bergewerkschacht ans Tageslicht. Verrichtet wurde diese Knochenarbeit von Pferden, die sich um einen festen Punkt im Kreis bewegten. Vielerorts wird vermutet, dass das charakteristische Aussehen des Pferdegöpels die Formgebung der Erzgebirgischen Weihnachtspyramide maßgeblich beeinflusste.
Ob das tatsächlich stimmt, und wo die kulturellen Ursprünge von Schwibbogen und Weihnachtsengel zu verorten sind, können Sie hier nachlesen: